Nudeln & andere Besonderheiten
- Svenja Polinski
- 18. Sept. 2015
- 4 Min. Lesezeit
Wie unser amerikanischer Freund Michael gerne sagt: " Die Tage vergehen langsam, aber die Wochen fliegen förmlich." Recht hat er! Jeder Tag hat hier zwar den gleichen Ablauf, ich stehe morgens um 8:30 Uhr auf, gehe zu 10:00 Uhr zum Kids Club. Um 12:00 Uhr ist Mittagspause für drei Stunden und um 17:30 Uhr schließen wir den Kids Club. Manchmal ist wenig zu tun und es scheint langweilig, aber es ist schön, einen geregelten Ablauf zu haben, denn so ist zwar jeder Tag für sich kaum indivuiduell, aber es bleibt weniger Zeit, in der ich meine Familie und Freunde vermissen könnte. Und so sind es jetzt plötzlich schon fast 4 Wochen, die ich hier in Ghana bin. Nur mein Magen hat sich leider noch nicht an das Essen gewöhnt. Mein Geschmack passt sich langsam an, denn oft freue ich mich richtig auf Fufu, Banku und Co. Aber in meinem Verdauungssystem scheint das noch nicht angekommen zu sein und so habe ich immer wieder Bauchschmerzen. Immer nur kurz, dafür aber wiederkehrend . Nicht schön...
Etwas beschämend ist es auch, dass WENN wir kochen, eher Felix derjenige ist, der uns Spaghetti zubereitet. Für die Ghanaer vermutlich ein sehr skurriles Bild, denn hier sitzen die Frauen den gesamten Tag auf dem Hof und kochen - nicht die Männer. Das ist hier die Möglichkeit den neusten Klatsch auszutauschen, ein Frauending halt. Aber Felix scheint Spaß daran zu haben Nudeln zu machen, also will ich ihn davon nicht abhalten. Dazu kommt, dass ich in Deutschland nie ein großer Fan von Nudeln war. Alles andere aß ich lieber, aber doch bitte keine Nudeln. Die große Überraschung ist hier, dass unser Trainer in interkultureller KOmmunikation Recht behielt, als er sagte, man brauche im Ausland gerade am Anfang immer wieder etwas gewohntes, etwas heimisches. Denn man glaubt es kaum, aber als Felix heute Mittag Nudeln gemacht hat und wir sie einfach pur mit Ketchup gegessen haben, konnte ich mir nichts besseres für den Moment vorstellen. Ich war unglaublich glücklich über den bekannten Geschmack. Das soll sich jetzt aber nicht so anhören, als wäre ich sonst nicht glücklich. Ich genieße jeden Tag in vollen Zügen. Im Moment ist unser Vater in Deutschland und unsere Mutter in einem der umliegenden Dörfer, um den Menschen beizubringen, wie man Seife herstellt. Und da fast alle unsere Geschwister in der Schule sind, sind wir allein zu Haus mit der Schwester unserer Mutter, ihrem Mann, zwei unserer Schwestern und unserem großen Bruder Sharif. Sharif ist der einzige hier, den wir wirklich kennen und mit ihm sitzen wir abends noch oft draußen und genießen den Nachthimmel - also ich jedenfalls. Denn der Himmel hier ist unbeschreiblich. Es wirkt alles so viel majestätischer. Zum Einen die Wolken: Sie sind viel weiter weg, als in Deutschland, schweben gefühlt in viel höheren Sphären und zeigen sich jeden Tag auf eine andere Art. Mal bilden sie diese kleinen Wölkchen, die aussehen als habe jemand den Himmel gepflügt, dann türmen sie sich auf wie eine feste Wand, die bedrohlich den Regen ankündigt. Selbst wenn keine Wolken am Himmel sind, wirkt das blau so entfernt, dass man meint die Weite des Landes fühlen zu können.
Nachts wird dann alles noch eindrucksvoller, wenn die Sterne kommen. Ich war schon immer begeistert vom Sternenhimmel und habe als Kind gern draußen geschlafen und mir von Papa alles erklären lassen, aber so wie hier, habe ich noch keine Sterbgvne gesehen. Wer in einer klaren Nacht in den deutschen Nachthimmel schaut, mag sich wundern, wie viele Sterne es gibt. Gegen den ghanaischen Nachthimmel ist das rein gar nichts! Hier sind es abermillionen Sterne, die man erkennen kann, die sich zur Milchstraße oder auch zu völlig fremden Sternbildern zusammentun. Es ist schwerm, dem in dieser Form gerecht zu werden. Deshalb freue ich mich auch schon auf die Trockenzeit. Ab Oktober wird es zwar unglaublich heiß hier im Norden Ghanas (bis zu 45 Grad Celsius), aber es gibt dann kaum MOskitos und wir können manchmal sogar draußen schlafen - direkt unter den Sternen. Und abgesehen davon, ist es hier auch sonst gut auszuhalten. Wir sind fast nie wirklich nur zu siebt auf dem Hof, weil jeden Tag jemand anderes hereinspaziert und mit uns isst, oder auch mal für drei Tage hier schläft. Aus deutscher Sicht etwas ungewohnt und vielleicht auch beängstigend, aber diese Leute sind alle Bekannte von meinem Vater Anthony und ich vertrau meinen Geschwistern, dass die schon was sagen, wenn jemand Fremdes auf den Hof kommt. Und unser neuer Freund, den ich schon erwähnt habe - Michael. Wir haben ihn vor zwei Wochen in der Kirche das erste Mal getroffen, da hat er uns angesprochen. Er kommt aus Colorado, USA und verbringt hier ein Auslandssemester in Ghana. Das heißt, er verlässt uns Ende November leider schon wieder, aber bis dahin wird er uns ein guter Freund sein, denke ich. Er hat uns heute auch im Kids Club begleitet und überlegt, das jetzt jeden Freitag zu machen. Freitags ist bei seiner Stelle nämlich nichts zu tun, dann schreibt er entweder Berichte für seine Uni oder macht nichts. Also heißen wir ihn doch gern im Kids Club willkommen.


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