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This is my body...

  • Autorenbild: Svenja Polinski
    Svenja Polinski
  • 6. Sept. 2015
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 20. Sept. 2020

Heute waren wir in der Sonntagsmesse der St. Anne's Church und es war beeindruckend. Seit Dienstag waren wir jeden Morgen in der Kirche, denn wer nicht arbeitet, geht morgens um 6:00 Uhr(!) zur Messe. Die Messen unter der Woche folgten alle dem Aufbau und Wortlaut der deutschen Messe - nur eben auf Englisch - und waren sogar schneller beendet, da die Predigt kurz gehalten wurde und man keine Kollekte einsammelte. Das frühe Aufstehen, macht mir auch nichts aus, denn ab 6:00 Uhr konnte ich meistens sowieso nicht mehr schlafen, da der Rest der Familie dann wach wurde und das Geschrei der Kinder und das Brummen der Motoren auf der Straße hinter meinem Zimmer für wenig Ruhe sorgten. Hier gibt es keine ganzen Glasscheiben im Fenster, sondern längliche Gläser, die wie Lüftungsschlitze angeordnet sind. Das hilft sehr gut bei Hitze, wenn das Zimmer bei Wind etwas durchgelüftet werden kann, aber Ruhe gibt das nicht. Langsam gewöhne ich mich aber daran und war heute sogar erst um 7:30 Uhr wach. Heute sollte die Messe um 9:00 Uhr beginnen, also stand ich auf und frühstückte. Als mein Mitfreiwilliger Felix und ich fertig waren, war es schon 8:50 Uhr und wir waren eigentlich schon zu spät, um überhaupt noch Plätze zu bekommen. Aber unser Gastvater ist hier ein einflussreicher Mann und sorgte dafür, dass wir noch auf einigen freien Zentimetern im vorderen Bereich der Kirche Platz nehmen konnten. Da begann die Messe auch schon, die nach deutschem Maßstab eine Verbindung von Erntedank- und Ostermesse war. Sie begann mit einem großen Einzug, ganz typisch mit Kreuz vorweg, fünf Messdienern und einem Priester. Nach der Begrüßung folgte das erste Lied und ich war begeistert von der Energie und der Freude, mit der die Menschen mitsangen. Es gab zwei Lesungen und anschließend eine lange Predigt. Ich hab nicht auf die Uhr geschaut, aber würde sie auf eine dreiviertel Stunde schätzen, die aber keineswegs langweilig war, sodass man spätestens nach zehn Minuten mit den Gedanken an anderer Stelle war. Nein, der Priester variierte sein Sprechen so passend, dass er alle in seinen Bann zog, als er erklärte, wie wir dazu beitragen könnten, dass im übertragenden Sinne niemand aus der Gesellschaft stirbt oder verstummt, sondern alle integriert werden. Wer nämlich aus der Gesellschaft versterbe, würde einsam und allein verkümmern. Nachdem die Predigt noch einmal auf der Ortssprache Gonja wiederholt wurde, folgte die Kollekte, die auch etwas ganz besonderes war. Denn es ging keine Schüssel durch die Bänke, in die jeder sein Geld warf.

Stattdessen wurde eine schwere Holzkiste vor den Altar getragen und Reihe für Reihe gingen die Menschen man nach vorne, um sein Geld hineinzulegen. Felix und ich hatten kein Geld dabei, was etwas peinlich war, weil jeder mitbekommt, wer sitzen bleibt. Nächstes Mal wissen wir Bescheid. Die Kollekte wurde mit Musik begleitet und die Menschen tanzten durch den Gang nach vorne. Zwischendurch hörte ich ein paar spitze, schrille Schreie zur Musik und jeder klatschte in einem Takt, der für mich erstmal schwer zu halten war. Weil jeder einen etwas unterschiedlichen Takt klatschte, klang das erst in der Gesamtheit richtig gut. Bevor es mit der Kommunion losging, brachten ein paar Frauen einige Erträge nach vorne: Brot, Seife, Früchte, etc. Sie wurden gesegnet und man dankte Gott für die lebenssichernden Lebensmittel. Bei der Gabenbereitung schellten die Messdiener durchgehend, was mich an Ostern erinnerte. Die Kommunion danach unterschied sich ebenfalls von der deutschen, denn statt Reihe für Reihe nach vorne zu gehen, standen die Menschen individuell auf, wenn sie für sich ihr Gebet beendet hatten. Man stellte sich dann einfach in die schon bestehende Reihe. Nach der Kommunion, kam unser Gastvater nach vorne und warb für die Kirchenprojekte, die bezahlt werden müssten. Er kündigte eine zweite Kollekte an, die zur ersten hizugefügt wurde und machte daraus einen Wettkampf. Er rief die Menschen nach ihrem Geburtstag auf, d.h. erst alle Montagsgeborenen, dann die Dienstagsgeborenen und so weiter. Auch hier tanzten die Menschen wieder im Rythmus durch den Gang und sangen lauthals mit. Den Samstag hob Anthony besonders hervor, denn jeder wolle seiner Meinung nach an einem Samstag Geburtstag haben, weil es der "day of joy" sei. Ich wurde an einem Samstag geboren - war schon schade, dass ich kein Geld dabeihatte. Als die Kollekte beendet war, rief Anthony noch ein letztes Mal zum Spenden als Dank an Gott auf. Dass wir lebten und mit wenigen Problemen lebten, sei einen Dank wert. Also erhoben sich ein drittes Mal die Menschen, dieses Mal ungeordnet, und spendeten. Zum Ende der Messe wurden die Ergebnisse präsentiert und natürlich hatte der Samstag gewonnen.

Dann kam unser Auftritt. Nachdem Anthony alle neuen Studenten und Examinierenden nach vorne gerufen hatte, wurden Felix und ich aufgerufen und standen auf einmal vor dieser großen Masse an Menschen, denen Anthony erklärte, dass wir von nun an im Kids Club helfen. Dann sollten wir uns selbst noch einmal mit Namen, Alter und Herkunft vorstellen, aber meinen Namen kann hier niemand aussprechen. Also ist mein neuer Spitzname nun "Sonny", das ist wenigstens ein bisschen einfacher. Ein letztes Mal wurde gesungen und ich merkte, dass die Leute langsam warm wurden, denn die schrillen Schreie wurden häufiger und das Getrommel lauter - als ich später Anthony fragte, ob es immer so stimmungsvoll sei, meinte er, die Menschen seien heute nicht richtig in Stimmung gewesen. Ich bin also wirklich gespannt auf die nächsten Sonntage. Nach der Messe sollte wir eigentlich viele Menschen kennenlernen, die Einfluss im Dorf haben, aber es regnete pünktlich zum Ende der Messe und so konnte Anthony uns nur drei Männdern vorstellen, bevor die Gastmutter kam und uns mit dem Auto nach Hause brachte. Ich hätte gerne mehr Menschen hier kennengelernt, aber die nächste Möglichkeit wartet sicher spätestens in der nächsten Messe.

 
 
 

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